Multiple Sklerose - Unabhängigkeit & Arbeit
Neurologie und Psyche Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung des jungen Erwachsenenalters. 75 Prozent der Betroffenen sind Frauen. MS wird in den meisten Fällen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr diagnostiziert und verläuft zu mehr als 80 Prozent schubförmig.
Multiple Sklerose wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus, auf den eigenen körperlichen Bereich ebenso wie auf den familiären Bereich, auf Beruf und Finanzen, auf soziale Netzwerke sowie auf die Werte, die bis jetzt gelebt wurden. Nach der Diagnosestellung sind es vor allem die Themen Ausbildung und Arbeit, die MS-Betroffene am meisten beschäftigen. In Ausbildung stehende junge Menschen fragen sich, ob ihre Berufswahl durch die Erkrankung in Frage gestellt werden könnte.
Bereits im Berufsleben stehende Betroffene zeigen Angst vor Unverständnis von Seiten der Vorgesetzten und KollegInnen und damit verbunden die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes und vor finanziellen Problemen. Diese zentralen Themen bestimmen die Beratungsgespräche mit den Sozialarbeiterinnen der MS-Gesellschaft Wien. Die ersten Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz beziehen sich häufig auf Mitteilungspflicht, Kündigungsschutz, Auswirkungen von vermehrten Krankenständen und mögliche verminderte Leistungsfähigkeit.
Wichtig ist dabei zu betonen, dass Multiple Sklerose nicht zu den meldepflichtigen Erkrankungen gehört. Sicher ist auch, dass niemand seine Chancen am Arbeitsmarkt selber schmälern muss. Gleichzeitig ist aber zu bedenken, dass ein Arbeitsverhältnis auch ein Vertrauensverhältnis zwischen ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn darstellt. Wie wirkt sich diese selbst auferlegte Verschwiegenheit langfristig auf mich und auf die Beziehung zum Dienstgeber aus, wenn ich meine Erkrankung bewusst verschweige?
Wieviel Energie muss ich allein in die Verheimlichung der Tatsache, an einer chronischen Erkrankung zu leiden, investieren? Das sind nur zwei von vielen Fragen. Doch schon diese beiden zeigen, dass es keine pauschale Antwort geben kann. Und obwohl sich immer mehr Unternehmen klar auf den Standpunkt positionieren, dass Offenheit bezüglich chronischer Erkrankung und Behinderung zu keinem Nachteil der betroffenen ArbeitnehmerInnen führen darf, so zeigt die Realität doch, dass Für und Wider einer Offenlegung der Diagnose am Arbeitsplatz individuell und im Einzelfall beurteilt werden muss. Eines steht jedoch fest: Eine gute Ausbildung und ein gesichertes Einkommen sind wesentliche Faktoren für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung des Einzelnen.
Eine weitere große Unsicherheit nach der Diagnosestellung betrifft die familiären Auswirkungen der MS: Fragen zur Familienplanung und Schwangerschaft, mangelndes Verständnis seitens des Partners für die Auswirkungen der Erkrankung, körperliche und psychische Überlastung brauchen die Unterstützung durch psychosoziale Beratung und Psychotherapie.
Wir von der MS-Gesellschaft Wien sind tagtäglich mit diesen Auswirkungen konfrontiert und arbeiten mit unseren KlientInnen daran, Selbstbestimmung und Eigenständigkeit zu bewahren und größtmögliche Lebensqualität mit der Erkrankung zu erreichen.