Parkinson-Nebenwirkungen wirksam in den Griff bekommen
Neurologie und Psyche Die tiefe Hirnstimulation ist als Therapiemöglichkeit für die oft sehr belastenden Symptome von Parkinson schon lange erprobt. Ein Gespräch mit den Experten Prim. Dr. Dieter Volc (Neurologe) und Dr. François Alesch (Neurochirurg).
Wie ist aktuell der Forschungsstand bei Parkinson? Wie steht es um die Möglichkeit der Früherkennung?
Volc: Warum Parkinson letztlich ausbricht, ist noch nicht bekannt. Derzeit geht man von der Veränderung eines Eiweißmoleküls als Ursache aus. Sobald die Ursache feststeht, kann man bei der Generation der jetzt 20-Jährigen versuchen, Parkinson zu verhindern. Hochgerechnet dürften etwa 20.000 Menschen in Österreich betroffen sein, die sind aber nicht alle diagnostiziert.
Alesch: Das ist richtig, gleichzeitig wissen wir aber über den Verlauf recht gut Bescheid, über dessen Gesetzmäßigkeiten und Nebenerscheinungen. Da kommt es kaum zu Überraschungen.
Wie ist der Ablauf in der Behandlung von PatientInnen?
Volc: Derzeit wird der Patient oft von außen diagnostiziert, also etwa von einem Internisten oder Orthopäden. Irgendwann wird er hoffentlich zu einem Neurologen geschickt – das ist etwas, was man forcieren sollte. Obwohl es flächendeckend genügend Neurologen gibt, findet das zu selten oder oft recht spät statt. Im Schnitt kommt der Patient dann alle drei Monate zum Neurologen, um die normalerweise zuerst rein medikamentöse Therapie anzupassen.
Alesch: Aus meiner Sicht ist wesentlich, dass man PatientInnen gedanklich zur Operation abholt, noch bevor die wirklich schweren Nebenwirkungen losgehen, die ja auch familiäre, berufliche und soziale Folgen haben. Wir können mit dem Eingriff zwar die Berufsfähigkeit erhalten, sie aber kaum nachträglich wiederherstellen.
Ab wann ist eine tiefe Hirnstimulation indiziert?
Volc: Eine Indikation liegt vor, wenn die Medikation so hoch wird, dass Nebenwirkungen auftreten, oder weil die Dosierungsintervalle zu klein werden. Da braucht es Alternativen, wovon die tiefe Hirnstimulation derzeit die eleganteste ist – elegant deshalb, weil die ganze Sache von außen unsichtbar verlegt wird. Eine Indikation liegt eigentlich bei rund zehn Prozent der PatientInnen vor, wir haben aber nur rund vier Prozent. Andere Länder sind da weiter.
Alesch: Medikamente ja – sie sind der erste Schritt und auch völlig richtig. Wenn dann aber die klassischen Erscheinungen auftreten, also Fluktuationen, Tremor und Überbewegungen, dann muss man über eine Operation nachdenken. Der Eingriff findet unter Narkose statt. Dem Patienten werden Sonden direkt in das Gehirn eingeführt. Anschließend erfolgt die Implantation des sehr dünnen Kabels und des Impulsgebers unter der Haut. Das ist nicht schmerzhaft und kaum sichtbar. Der Patient ist nach dem Eingriff nur vier Tage auf Station, geht dann heim, das System wird erst einige Zeit später bei einem Kontrollbesuch aktiviert.
Wie gehen PatientInnen mit dieser Option um?
Volc: Einem Patienten, der dafür in Frage kommt, dem erkläre ich sehr genau und detailliert, was ihn erwartet und was genau passiert. Die Methode ist auch schon über 25 Jahre sehr gut erprobt und auch sehr bewährt. Die PatientInnen nehmen nach entsprechender Vorbereitung die Möglichkeit auch gerne an, weil man die gefürchtetsten Nebenwirkungen der Krankheit so am besten in den Griff bekommt. Je nach Bedarf kann die Sonde mittels iPad gesteuert werden, das macht den Patienten sehr flexibel.
Alesch: Ich denke, dass Patienten viel stärker und vor allem früher auf diese Variante hingewiesen werden sollten, idealerweise von Anfang an. Schlimm wäre es, wenn man jahrelang versucht, anders auszukommen und dann irgendwann die Nachricht bekommt, dass es jetzt nicht mehr anders geht. Hier geht es um ein Gesamtkonzept. Der Patient soll sich von Anfang an mündig mit allen Aspekten und Facetten der Erkrankung auseinandersetzen. Die Operation ist eben keine Ultima Ratio, sondern sie ist ein Teil der möglichen Behandlungen, und sie ist in allen indizierten Fällen wirksam.