„Ich habe mir gesagt: Mach das Beste daraus!”
Neurologie und Psyche Vor fast 20 Jahren hat DI Hartmuth Schachinger die Diagnose Multiple Sklerose erhalten. Wie er mit den Begleiterscheinungen der Krankheit umgeht und auf welche Hilfsmittel er dabei setzt, erfahren Sie im Interview.
Wie haben Sie die Diagnose Multiple Sklerose erfahren?
Nach einer relativ langen Autofahrt zurück aus dem Urlaub im Jahr 1998 war am nächsten Tag mein ganzes rechtes Bein wie eingeschlafen. Daraufhin bin ich ein halbes Jahr lang von Arzt zu Arzt gepilgert, um den Grund dafür herauszufinden. Schließlich bin ich in Linz bei der Landesnervenklinik gelandet und dort wurde nach einigen Untersuchungen die Diagnose Multiple Sklerose gestellt.
Welche Gedanken hatten Sie, als Sie die Diagnose erhalten haben?
Das war eine ziemlich zwiespältige Sache. Ich war gerade mit meinem Studium fertig, war kurz vor der Hochzeit und dann kommt diese Diagnose. Da bin ich kurzfristig in ein Loch gefallen, habe mich gefragt, was ich jetzt tun soll. Zum Glück haben mich meine Familie und meine damalige Freundin, mittlerweile Frau, aufgefangen und unterstützt. Ich habe dann begonnen, mich über die Krankheit zu informieren. Dennoch habe ich mich gefragt, ob es weitergeht, und wenn ja, wie. Im Alltag habe ich aber relativ schnell festgestellt, dass mich die Krankheit eigentlich nicht so dramatisch beeinträchtigt. Ich habe mein Leben ganz normal weiter gelebt und tue das auch weiterhin.
Wie treten Sie der Krankheit im Alltag entgegen? Welche Therapien, Hilfsmittel wenden Sie an?
Bis vor fünf, sechs Jahren hatte ich kaum Einschränkungen, da war ich auch noch einmal pro Jahr im Schiurlaub. Ich musste mir lediglich jeden zweiten Tag bzw. nach einem Medikamentenwechsel täglich eine Spritze geben. Nur wenn ich einen Schub bekam, bemerkte ich die Krankheit wirklich negativ. Mittlerweile ist es so, dass ich beim Gehen Probleme habe, weshalb ich auch ein Gerät verwende, das mit Elektrostimulation arbeitet. Das hilft mir dabei, besser und sicherer zu gehen.
Ansonsten versuche ich, mich dreimal die Woche aufs Ergometer zu setzen bzw. jährlich auf Reha zu gehen. Denn dort hat man die Zeit und die Möglichkeiten, um auf seinen Körper zu schauen und Bewegungsabläufe zu trainieren und wieder zu verbessern. Sowas geht im normalen, beruflichen Alltag leider immer wieder unter. Ich habe aber notgedrungen gelernt, mit der Krankheit zu leben und versuche auch, mir das Leben etwa mit technischen Hilfsmitteln dort leichter zu machen, wo es möglich ist.
Darüber öffentlich zu sprechen erfordert sicherlich Mut. Weshalb haben Sie sich dazu entschlossen?
Ehrlicherweise war ich mir anfangs nicht sicher, ob ich mit der Krankheit in dieser Form an die Öffentlichkeit gehen soll. Die ersten Jahre habe ich MS praktisch verheimlicht, habe außer meiner Familie niemandem davon erzählt. Mittlerweile wissen viele meiner Stammkunden darüber Bescheid. Es ließe sich auch nicht mehr verheimlichen, deshalb gab es die Überlegung: Wie sage ich es meinen Kunden?
Nachdem ich die Diagnose erhalten hatte, musste ich erst einmal mein Selbstmitleid überwinden, doch dann habe ich mir gesagt: Es muss doch weitergehen, mach das Beste daraus! Was mich auch dazu bewogen hat, die Chance dieses Interviews wahrzunehmen: Vielleicht hilft es auch anderen Betroffenen, wenn sie sehen, dass eine solche Diagnose bei weitem nicht das Ende bedeutet!