„Nicht erst fünf nach zwölf reagieren!“
Neurologie und Psyche Wenn es um psychische Erkrankungen wie Burnout geht, fällt es gerade am Arbeitsplatz vielen nicht leicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im Interview spricht Daniela Malata, Head of Human Ressources bei W&H Dentalwerk Bürmoos, wie man mit betrieblichen Präventionsmaßnahmen vorsorgen kann.
Wie wichtig ist Ihnen als Unternehmerin Burnout-Prävention?
In unserem Unternehmen ist es uns wichtig, dass es den MitarbeiterInnen gut geht. Wir sind aber auch der Überzeugung, dass ein Burnout nicht immer nur von der Arbeit kommen muss. Ein Burnout ist vielschichtiger. Es gibt viele Probleme in unserem heutigen Leben, sei es gesellschaftlicher, familiärer oder finanzieller Druck. Oftmals trägt man diese Probleme lange mit sich herum – die Auswirkungen kommen aber meist im beruflichen Alltag zum Vorschein. Wenn die Arbeitspsychologie greifen muss, dann ist es meist schon zu spät. Viele Leute trauen sich erst zum Arbeitspsychologen, wenn die Probleme schon viel zu groß sind. Aus diesem Grund haben wir nach einem Programm gesucht, das in die präventive Richtung geht.
Woran haben Sie sich dabei orientiert?
Hilfe von außen und anonym – das war der Ansatz von uns. Wir hatten im Unternehmen einmal in der Woche einen arbeitspsychologischen Dienst im Haus. Allerdings war es hier nicht möglich, seine Probleme vor den Kollegen ganz zu verbergen. Es ist etwas anderes, wenn man zum Arbeitsmediziner geht, um einen Sehtest machen zu lassen. Aber psychologische Probleme gibt man nicht gerne zu. Über die Schwelle zu treten und zu sagen “Mir geht es nicht gut“, fällt nicht jedem leicht.
Wie gehen Sie mit dieser Hemmschwelle um?
Wir bieten ein Employee Assistance Programm an, bei dem man eine Hotline anonym, etwa auch von zu Hause aus, anrufen kann und außerhalb des Unternehmens einen Termin bekommt. Unsere Mitarbeiter haben hier die Möglichkeit, sich von geschulten Leuten beraten lassen. Wir wollten diese Beratung bewusst außerhalb der Firma anbieten, um die notwendige Anonymität und Professionalität gewährleisten zu können. Und nicht zuletzt auch, um unsere Führungskräfte und Betriebsräte aus der Pflicht zu nehmen. Eine Führungskraft hat zwei Rollen wahrzunehmen: Einerseits Verständnis für Probleme zu haben, aber gleichzeitig zu schauen, dass die Arbeit gemacht und die Teamleistung erbracht wird. Wir aber haben keine psychologische Ausbildung, sind außerdem oftmals untereinander befreundet. Dann wollen wir gut gemeinte Ratschläge geben, die aber vielleicht falsch ankommen.
Was können nun Führungskräfte tun, damit es Ihren MitarbeiterInnen gut geht?
Meines Erachtens ist es wichtig, Führungskräfte im Bereich der Kommunikation gut auszubilden. Das heißt beispielsweise Kommunikations-Basics, Konflikt- und Kritikgespräche oder moderierendes Coaching. Auf diesem Gebiet sind wir sehr engagiert, denn nur durch eine gute wechselseitige Kommunikation und Verständigung kann man gut zusammenarbeiten. Führungskräfte sollen auch aktiv zuhören und aus meiner Sicht haben sie auch die Pflicht, zu erkennen, wie es den Mitarbeitern geht. Aber alles hat seine Grenzen. Nicht bei allen Problemstellungen haben Führungskräfte die Kompetenz, richtig zu reagieren. Genau an diesem Punkt war es für uns wichtig, dass unsere Führungskräfte die Möglichkeit haben, zu sagen: Ich kann dir jetzt nicht mehr weiterhelfen, aber es gibt jemanden, an den du dich wenden kannst.
Welche gezielten Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen zur Burnout-Prävention außerdem noch?
Für uns ist Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz sehr wichtig. Etwa durch ergonomische Arbeitsplätze und der State-of-the-Art-Gestaltung des eigenen Arbeitsplatzes. Außerdem gibt es bei uns gute Verpflegung im Haus und täglich Obst. Wir bieten Sportprogramme, Yoga sowie zum Beispiel gemeinsames Kegeln an. Zusätzlich schauen wir, dass die Arbeitszeiten vernünftig eingehalten werden. Jederzeit verfügbar zu sein – davon halten wir nicht sehr viel. Wir verlangen auch nicht von unseren Mitarbeitern, ständig auf ihre Handys zu schauen. Aber das hat letzten Endes auch mit Eigenverantwortung zu tun.
Welchen Mehrwert hat ein gesundes Arbeits- und MitarbeiterInnen-Klima für das Unternehmen?
Ein besseres Miteinander! Wenn es den MitarbeiterInnen gut geht, dann geht es auch dem Unternehmen gut. Außerdem ist das wichtig für die Arbeit im Team. Schließlich müssen wir alle am Abend unsere Aufträge erfüllt haben. Unsere Kunden erwarten, dass wir schnell sind und das funktioniert nur, wenn es uns gut geht. Wenn das nicht der Fall ist, kann man das vielleicht eine Zeit lang überbrücken, aber grundsätzlich ist man einfach schneller und konzentrierter, wenn es einem gut geht.
Anders gefragt: Was definiert einen gesunden Arbeitgeber?
Ein gesunder Arbeitgeber findet einfach eine gute Balance. Dazu zählen neben einem guten Arbeitsklima ebenso Transparenz im Unternehmen, offene Kommunikation, Dinge ansprechen zu dürfen und eine gute Problemlösungskultur zu haben. Der Leitspruch unseres Unternehmens ist, dass wir ein gesunder Arbeitgeber sind. Darunter verstehen wir, profitabel, sozial und dauerhaft zu sein. Wir kümmern uns um unsere Mitarbeiter und halten auch in schwierigen Zeiten zusammen. Außerdem wollen wir den Mitarbeitern helfen, auch nach langen Krankenständen einen guten Wiedereinstieg zu finden.
Welchen Stellenwert wird betriebliche Burnout-Prävention in Zukunft haben?
Das wird immer einen Stellenwert haben. Wir können innerhalb der Firma darauf achten, dass alle Rahmenbedingungen passen – ob das jetzt die Einrichtung, die Jobverteilung oder die Arbeitszeiten sind – und Burnout-Prävention anbieten. Außerdem haben wir eine Art Aufklärungsprogramm, bei dem unser Arbeitsmediziner mit den verschiedenen Teams über das Thema Burnout spricht. Führungskräfte und Kollegen werden dabei darauf aufmerksam gemacht, was Auslöser sowie Anzeichen für Burnout sein können und an wen man sich dann wenden kann. Insgesamt ist unser Burnout-Präventionsprogramm wirklich gut angenommen worden, viel besser als wir es uns erwartet hatten. Wir denken, dass der Zugang „Prävention“ zentral ist. Das ist natürlich kein Allheilmittel, wir können ja auch niemanden dazu zwingen, wir können es nur anbieten. Langfristig gesehen ist Prävention immer noch das Bessere, als erst zu reagieren, wenn es schon fünf nach zwölf ist.