Ohne Schutz überlebt nur eine von 20 Personen eine Episode des plötzlichen Herztodes.

Der plötzliche Herztod ist ein Problem von besonderer Relevanz. In Europa versterben jedes Jahr mehr als 300.000 Menschen am plötzlichen Herztod. Das sind mehr Todesfälle, als bei Schlaganfall, Lungenkrebs, Brustkrebs und AIDS zusammen. In Österreich führten 2014 Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu 33.137 Todesfällen. Davon verstarben etwa 12.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod.

Die Ursachen des plötzlichen Herztodes

Die Ursachen des plötzlichen Herztodes sind vor allem schnelle Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern oder anhaltende Kammertachykardien, die letztlich zum Herzstillstand führen. Viel seltener sind es Herzrhythmusstörungen, bei dem der Herzschlag längere Pausen einlegt und eine Schrittmacher-Implantation ausreicht. In dreiviertel der Fälle liegt eine Durchblutungsstörung (Stichwort Herzinfarkt) der Herzkranzgefäße vor.

Dabei kommt es zu einer Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff – dieser beginnt abzusterben. Daneben finden sich Formen der angeborenen oder erworbenen Herzschwäche (Kardiomyopathie) sowie angeborene Erkrankungen des Herzrhythmus-Systems, die ebenfalls zu Rhythmusstörungen führen können. Die Herzpumpschwäche entsteht prinzipiell durch abgestorbene oder narbig verheilte Muskelareale oder krankhafte Umwandlung und Erweiterung bzw. Verdickung des Herzens.

Risikoeinschätzung

Als Standardtest zur Risikobewertung für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen gilt derzeit die so genannte links-ventrikuläre Auswurffraktion, die ein Maß für die Herzfunktion darstellt und das Schlagvolumen im Verhältnis zum Gesamtblutvolumen der Herzkammer misst. Zusätzlich werden nicht-invasive Tests (Messung von EKG-Parametern) empfohlen. Diese klinische Entscheidungskriterien basieren auf kurzdauernden Studien, die in den 80-iger und 90-iger Jahren geplant worden sind.

Deren Ergebnisse sind zur Entwicklung der gegenwärtig gültigen Kriterien herangezogen worden. Als eher neuere Möglichkeit der Risikoeinschätzung bei unklaren Situationen gibt es den implantierbaren Loop Rekorder. Dieses Zündholz große EKG-Aufzeichnungsgerät wird unter die Haut gespritzt und zeichnet in einer Schleife ständig ein EKG auf. Somit können mögliche Herzrhythmusstörungen frühzeitig erkannt werden.

Medikamentöse Therapie zur Prävention des plötzlichen Herztodes

Prinzipiell verbessern herzkraftsteigernde Medikamente (ACE Hemmer/ AT-II Antagonisten, Aldostaronantagonisten) bei Vorliegen einer Herzmuskelschwäche die Prognose. Antiarrhythmika – also Medikamente, die auf die elektrische Leitung im Herzen einwirken – können zwar die Anzahl der Rhythmusstörungen reduzieren, diese aber nicht gänzlich unterdrücken. Leider können Antiarrhythmika manchmal Herzrhythmusstörungen auch verstärken.

ICD Therapie – Welche PatientInnen profitieren?

Implantierbare Defibrillatoren, die sogenannten ICDs, sind die wirksamste Therapie zum Verhinderung des plötzlichen Herztodes. Bei Auftreten einer bösartigen Herzrhythmusstörung gibt das implantierte Gerät einen Elektroschock ab, welcher die Herzrhythmusstörung beendet und den normalen Herzrhythmus wiederherstellt. Jeder ICD hat auch einen Schrittmacher eingebaut, falls das Herz zu langsam schlägt. Daneben gibt es auch Kombinationsgeräte, die durch ständige Schrittmacher-Impulse die Pumpfunktion verbessern, indem sie den Herzschlag synchronisieren (sog. CRT Geräte).

ICDs werden heute routinemäßig wie ein Herzschrittmacher unter dem Schlüsselbein (meist links) entweder unter die Haut oder unter den Brustmuskel implantiert. Die Elektroden (Kabelverbindung vom ICD zum Herzen) werden über die großen Venen (transvenös) ins Herz eingeführt und dort mittels einer Schraube oder eines kleinen Widerhakens direkt in den Herzhöhlen fixiert. Im Anlassfall gibt das implantierte Gerät einen Elektroimpuls (-schock) über die Elektrode(n) ab.

Seit 2010 steht zusätzlich ein subkutan implantierbarer Defibrillator zur Verfügung, welcher gänzlich ohne Elektroden im Herzen auskommt. Das Gerät wird an die linke Seite des Brustkorbes implantiert und mit einer neben dem Brustbein unter der Haut verlaufenden Elektrode verbunden. Das Herz und die Gefäße bleiben bei diesem System gänzlich unberührt. Moderne Implantate müssen ca. alle 10 Jahre getauscht werden.

Ungelöste Probleme

Daten zu den Langzeitfolgen der gängigen klinischen Praxis der ICD-Implantation lagen bis dato nur spärlich vor. Prof. Pezawas konnte mit Kollegen erstmals „real world“-Langzeitdaten präsentieren, die für die Verordnung einer ICD-Therapie von großer Bedeutung sind.

Diese Studie zeigte über einen Zeitraum von 10 Jahren, dass bei PatientInnen mit einer schweren Einschränkung der Herzpumpfunktion das Herzversagen die Haupttodesursache ist. Bemerkenswerterweise zeigten PatientInnen mit einer leicht oder mittelgradig verminderten Herzpumpfunktion eine vergleichbar hohe Wahrscheinlichkeit, plötzlich an einer Herzrhythmusstörung zu versterben, eine Gruppe, der gegenwärtig ein prophylaktisch implantierbarer Defibrillator vorenthalten wird.

Resümee

Die Verordnung einer ICD-Therapie für PatientInnen mit einer hochgradig reduzierteren Störung der Herzpumpfunktion, wie gegenwärtig Praxis, scheint deutlich zu eng gegriffen. Die Empfehlung, den Einsatz eines implantierbaren Defibrillators auch bei gering ausgeprägter Herzmuskelschwäche zu erwägen, würde anhand neuester Daten einem plötzlichen Herztod vorbeugen und würde einen Paradigmenwechsel in den klinischen Entscheidungskriterien zur Implantation eines Defibrillators darstellen.