Glutensensitiviät und Zöliakie
Allergien und Unverträglichkeiten Hertha Deutsch, die Vorsitzende der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie, über die Verwechslungsgefahr zwischen Zöliakie und Glutensensitivität und warum es wichtig ist, nicht auf Schnelltests reinzufallen.
Versteht man unter einer Zöliakie eine Glutensensitivität und umgekehrt?
Vorsicht, diese Begriffe werden gern vermischt oder fälschlich verwendet. Es gibt die immunologisch bedingte Erkrankung Zöliakie und die sogenannte „Nicht-Zöliakie-bedingte Glutensensitivität“. Bei Zöliakie muss die glutenfreie Diät lebenslang strikt eingehalten werden, um die Entstehung von diversen Folgeerkrankungen zu vermeiden. Bei Glutensensitivität ist dies nicht der Fall.
Also ist Zöliakie die ernstzunehmende Krankheit und diese Sensitivität eher eine Befindlichkeit?
Wenn Betroffene glauben, dass sie Weizen oder andere glutenhaltige Lebensmittel nicht vertragen, sollte man dies ernst nehmen, aber keinesfalls auf Verdacht eine glutenfreie Ernährung probieren. Zuerst muss ein Facharzt sowohl eine Zöliakie als auch eine Weizenallergie ausschließen. Erst dann sollte mit einer gluten- oder weizenfreien Ernährung begonnen werden, aber diese Diät muss nicht so streng eingehalten werden wie bei einer Zöliakie.
Also ab zum Arzt, wenn man glaubt, auf Gluten zu reagieren?
Ja, zu einem Facharzt, der sich mit Zöliakie auskennt und keine Selbstdiagnose! Absolut ungeeignet sind Lebensmittel-Unverträglichkeitstests, die IgG-Antikörper bestimmen, was bedeutet, dass man glutenhaltige Lebensmittel gegessen hat, aber nicht, dass man diese nicht verträgt.
Auch diverse Schnelltests sind sinnlos und können falsch positive oder falsch negative Ergebnisse bringen. Verantwortungsvolle Hersteller von Schnelltests empfehlen ohnehin am Beipackzettel einen Arztbesuch, also wozu dann ein Selbsttest? Auch mit Bioresonanz, TCM und anderen Verfahren kann Zöliakie nicht diagnostiziert werden.
Wie geht man im Alltag mit einer Zöliakie um?
Man darf knapp 80 Prozent der verarbeiteten herkömmlichen Lebensmittel nicht konsumieren, das ist eine gewaltige Einschränkung. Es gibt aber meist eine glutenfreie Alternative zu glutenhaltigen Lebensmitteln, da hat sich in den letzten Jahren viel zum Positiven geändert. Wir haben in unserer Datenbank knapp 10.000 glutenfreie Lebensmittel gelistet.
Wurde die Zahl der Betroffenen auch größer?
Ja, mittlerweile weiß man durch Screening-Studien, dass etwa ein Prozent der heimischen Bevölkerung von Zöliakie betroffen ist, aber nur jeder Zehnte weiß es. Daher ist es besonders wichtig, die Bevölkerung aufzuklären, um Folgeerkrankungen zu vermeiden.