Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lenz
Universitätsklinik für Psychiatrie, Medizinische Universität Wien

FOTO: Weinwurm

Was versteht man unter Angststörungen?

Unter Angststörungen werden Störungen zusammengefasst, die durch ausgeprägte Angstreaktionen bei gleichzeitigem Fehlen äußerer Bedrohungen charakterisiert sind. Die Einteilung erfolgt danach, ob die Angst ungerichtet oder gerichtet ist. Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen.

Das Erstauftreten scheint mit lebensgeschichtlichen Entwicklungsphasen assoziiert zu sein. Spezifische Phobien entstehen oft schon in der Kindheit, soziale Phobien bei Eintritt der Pubertät und Panikstörungen und Agoraphobien bevorzugt zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Es wird geschätzt, dass Frauen doppelt so häufig erkranken.
Werden Angststörungen nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, können diese einen chronischen Verlauf nehmen. Auch Begleiterkrankungen, wie Depressionen oder Suchterkrankungen, spielen hier eine Rolle. Die Lebensqualität der Betroffenen wird erheblich eingeschränkt. Daher sollten alle vorhandenden Therapiemöglichkeiten genutzt werden.

Welche Therapieformen gibt es?

Einerseits gibt es medikamentöse Therapien und andererseits psychotherapeutische Techniken, wobei häufig eine Kombination besonders wirksam ist. Je nach Angststörung wird unterschiedlich vorgegangen. Bei akuten Panikattacken ist es wichtig, ein beruhigendes Gespräch zu führen und unmittelbare Angstbewältigungsstrategien, wie Bauchatmung oder andere Entspannungsmethoden, zu vermitteln. Außerdem kann bei Panikstörungen oder Agoraphobien eine kognitive Verhaltenstherapie angewandt werden. Eine Behandlung mit kurz wirksamen Benzodiazepinen wird bei sehr schweren Panikattacken oft sinnvoll sein. Für die Dauerbehandlung sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer die erste Wahl.

Kommt es vor, dass PatientInnen nach erfolgreicher Behandlung wieder an Angststörungen leiden?

Wenn wirklich gut behandelt wird, dann sollte es zu keinen Rückfällen kommen. Einerseits ist die Behandlung der Symptomebene relativ einfach. Andererseits können spezifische Ängste aber auch nur die Spitze des Eisberges sein. Wird die Ursachenebene nicht ausreichend behandelt, kommt es nur zu einer Symptomverschiebung. Es ist daher in der Psychotherapie immer wichtig, unter welchen Bedingungen die Angststörungen entstanden sind. Denn danach werden Therapieprogramme individuell gestaltet.